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Albert Anker — Der Künstler und Mensch in seiner Zeit

Albert Anker (1831 – 1910) ist der bekannteste Schweizer Künstler überhaupt. Selbst Schweizerinnen und Schweizer, die selten oder nie eine Kunstausstellung besuchen, kennen seine photographisch exakten Darstellungen ursprünglich-bäuerlicher Lebensgemeinschaften. Ankers positiver Blick auf seine eigene Gegenwart ist Teil unserer kollektiven Bildwelt.

In den Schweizer Museumssammlungen nehmen Ankers Werke Schlüsselpositionen ein. Im Kunstmarkt gehört er neben Ferdinand Hodler und Alberto Giacometti zu den begehrtesten und teuersten Schweizer Künstlern. Die enorme Beliebtheit Ankers hierzulande ist dafür verantwortlich, dass sich heute über 99 Prozent seiner Werke in Schweizer Sammlungen befinden, obwohl er zu Lebzeiten über eine internationale Käuferschaft verfügte.

Albert Anker wird 1831 in Ins, im Berner Seeland, geboren. In Paris durchläuft er als Schüler von Charles Gleyre eine klassische Ausbildung zum Maler. Stilistisch orientiert er sich anfänglich am Klassizismus von Jean-Auguste-Dominique Ingres. Anker hat als Mensch und Künstler eine Mission. In den Themen seiner Gemälde befasst er sich vor dem Hintergrund seiner protestantischen Weltsicht mit gesellschaftlichen und existentiellen Fragen seiner Zeit. Wie Jean-François Millet, dem später auch Vincent van Gogh grosse Verehrung entgegenbringt, klagt er nicht an, sondern schildert Werte intakter Lebensgemeinschaften. Ankers realistische Szenen sind ein Beitrag zum Thema des irdischen Paradieses, das Maler wie Giovanni Segantini und Paul Gauguin der Ausbeutung und Anonymität des industriellen Zeitalters entgegenstellen. Seine Zeitungsleser oder Schüler und Schülerinnen zeigen aber auch die Emanzipation der Landbevölkerung zu gut informierten und damit mündigen Staatsbürgern.

Anker ist in seiner Zeit ein international vernetzter und erfolgreicher Künstler, der in Paris ebenso präsent ist wie in der Schweiz. In Paris unterhält er über Jahrzehnte ein Atelier, beteiligt sich regelmässig am Salon, wo er ebenso erfolgreich ist wie in den Turnus-Ausstellungen in der Schweiz. Über die Galerie von Adolphe Goupil in Paris, deren Geschäftsführer Vincent van Goghs Bruder Theo ist, gelangen seine Werke in Privatsammlungen in ganz Europa. Bereits seit 1854 lebt Albert Anker mit Unterbrüchen regelmässig in Paris. Bis 1890 verfügt er offiziell über zwei Wohnsitze. Grosse Bekanntheit erlangt er mit seinen Gotthelf-Illustrationen. In seiner Heimat übernimmt er öffentliche Ämter in der Gemeinde, im Kanton und schliesslich auch auf Bundesebene. Er ist Mitglied der Schulkommission, des Kirchenrates und des Männerchors in Ins; als Grossrat setzt er sich für den Bau des Berner Kunstmuseums ein und verfolgt die Juragewässerkorrektion ebenso wie das Wirtschaftsleben im 1848 gegründeten jungen Bundesstaat. Als Mitglied der eidgenössischen Kunstkommission und der Gottfried Keller-Stiftung setzt er sich für die Förderung aktiver Künstler respektive für den Aufbau öffentlicher Kunstsammlungen ein.

« Lebt Anker noch? Ich denke oft an seine Arbeiten, ich finde sie so tüchtig und fein
empfunden. Er ist noch ganz vom alten Schlag... »
Vincent Van Gogh an seinen Bruder Theo, 11.4.1883
(Brief Nr.336, Original in holländischer Sprache)

Albert Anker (1831—1910), zweifellos der populärste Schweizer Maler. Unvergesslich sind seine Portraits von Kindern und alten Menschen aus seinem Wohnort Ins. Wenig bekannt sind seine in Paris gemalten Akademiezeichnungen, Fayencen und spontanen Skizzen. Die Anker-Forschung entdeckt den Künstler neu als weltoffenen Humanisten, gebildet und vielseitig interessiert. Seine Texte können auch für unsere Zeit wegweisend sein. Aus Albert Ankers Hand stammen die schönsten Kinderbildnisse, welche der Realismus des 19. Jahrhunderts europaweit hervorgebracht hat.

Link zum Lebenslauf des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA)

Albert Anker, «Selbstbildnis», 1901
Öl auf Leinwand, 48×38cm

Brief des 18-jährigen Albert Anker an seinen Schulfreund und Maler Auguste Bachelin vom 9. Juni 1849 zum Thema Kunst

… Was ist Kunst? in erster Linie besteht die Kunst nicht in der Nachahmung, sondern in zwei Punkten: zum ersten muss man sich in seinen Vorstellungen ein Ideal bilden, zum zweiten muss man dies Ideal den Augen der Mitmenschen darstellen, ihm eine Gestalt schaffen, welche unserem Schauen und Hören zugänglich wird…

Ich glaube, das Schöne, welches einen Künstler leiten soll bei seinem Werk und die Grundlage jedes künstlerischen Schaffens darstellt, besteht in der Harmonie zwischen dem Ideal des Künstlers und allen äussern Möglichkeiten, welche ihm zu dessen Darstellung zur Verfügung stehen…

Der Künstler muss lernen, seinem Ideal eine äussere Form zu geben, dazu vor allem geht man in die Ateliers und Museen, um von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Wie der Dichter seine Sprache erlernt, das Mass  seiner Verse, um sein Werk zu erschaffen, so muss der Maler, um sein Ideal zu verwirklichen, lernen, wie man den Pinsel führt, wie man Farben setzt; er muss zeichnen können…

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